Das Heidedorf in Not
Zu Beginn des 16. Jahrhunderts war Kevelaer noch ein kleines Heidedorf im Herzogtum Geldern, nahe der niederländischen Grenze. Es bestand aus einigen Häusern um eine Kapelle, die Antonius "dem Großen" geweiht war.
Der 80-jährige Spanisch-Niederländische-Krieg (1568 - 1648) bedeutete für die arme, wehrlose Bevölkerung des Gelderlandes eine wahre Leidenszeit, die sich noch verschlimmerte, als Deutschland von der furchtbaren Geißel des Dreißigjährigen Krieges gepeitscht wurde.
Der unheilvolle Religionszwist hatte die deutschen Stämme geteilt. Bruder stand gegen Bruder. Fremde Söldner, die nicht gerufen waren, verwüsteten das Land und mordeten seine Bevölkerung.
Die Bewohner Kevelaers mussten furchtbar leiden. Das Dorf wurde mehrmals geplündert und niedergebrannt. Um sich sich vor den umherstreifenden Soldatentruppen zu schützen, bauten die Kevelaerer eine Schanze westlich des Dorfes, an der danach benannten Kroatenstraße.
Man schrieb den 1. August 1635. Ein Regiment Kroaten zog von Geldern nach Kleve . Der Weg führte durch Kevelaer. Zwar standen die Kroaten im Dienste des Kaisers, waren also keine Feinde, doch die Einwohner Kevelaers wussten, was sie von solchen Freunden zu erwarten hatten. Sie zogen sich in ihre versteckte Schanze zurück. Als sich plötzlich aus unbekannten Gründen ein Schuss aus dem Versteck löste, waren die fast wehrlosen Menschen entdeckt. Sie konnten dem Angriff der Bewaffneten nicht widerstehen. Mit beispielloser Grausamkeit wurden sämtliche Schanzenbewohner getötet und die Frauen und Mädchen abscheulich misshandelt.
Zur Erinnerung an dieses schreckliche Blutbad wurde an der Kroatenstraße ein Steinkreuz errichtet mit holländischer Inschrift. Sie lautet in deutscher Sprache:
"Im Jahre 1635, dem Datum nach der 1. August wurden auf dieser Schanze an die 100 Menschen ermordet. Bittet für ihre Seelen, auf dass Gott ihnen in der Ewigkeit gnädig sein möge."
Hiermit hatte das Elend in Kevelaer seinen Höhenpunkt erreicht. Fast alle Menschen waren getötet, und das Dorf war eine ausgestreckte Ruine.
Die Himmelsmutter spricht zu ihren Kindern
Trotz ihres Elends waren die frommen Bewohner Kevelaers immer treue Kinder Gottes geblieben. Ihre besondere Verehrung galt der Gottesmutter, der Trösterin der Betrübten. Es gab nicht ein Haus in dem nicht eine Abbildung von ihr zu finden war. Bei der Mutter der Schmerzen, deren einziger Sohn gekreuzigt wurde, suchten die Mütter der gemordeten Jungen und Männer Trost in ihrem Leid.
In diese grausamen Zeit des Krieges, sieben Jahre nach dem "Kroatenjahr", erkor sich die Königin des Himmels diesen verhängnisvollen Ort aus, um hier, wo das Maß von Elend und Betrübnis überfloss, als Trösterin zu erscheinen.
Sie bediente sich eines frommen Gelderner Hausierers, ihr Heiligtum auf der Kevelaerer Heide zu errichten.
Im Jahre 1641, kurz vor Weihnachten, führte der Weg Hendrick Busmans wieder einmal durch Kevelaer. Wie gewöhnlich kniete er vor dem Hagelkreuz hahe dem Dorf nieder, flehte um Hilfe in der Kriegsnot, um Erbarmen für dieses unglückliche Stück Heideland. Kein Mensch war in der Nähe. Plötzlich hörte er klar und deutlich eine Stimme: "Hier sollst du mir ein Heiligenhäuschen bauen!" Erstaunt, erschrocken sprang Busman auf. War es Täuschung? War es Wirklichkeit? Er fand keine Erklärung, ging weiter und schlug sich jene Stimme für das erste Mal aus dem Sinn.
Einige Wochen später hörte er abermals die geheimnisvolle Stimme. Als er nach kurzer Zeit zum dritten Mal die gleichen Worte am Hagelkreuz vernahm, riet ihm der Pfarrer von Kevelaer, der geheimnisvollen Aufforderung zu folgen. Gewiss wollte der Herr in dieser Zeiz des Schreckens sein Erbarmen zeigen, ihnen durch den Bau des Heiligenhäuschens eine Quelle des Trostes und der Gnade eröffnen.
...weiter zur Wallfahrtaus einer Schularbeit von Margret Ricker geb. Dicks aus dem Jahre 1959
Juni 2023 - letzte Bearbeitung: 06.06.2023